Wir müssen mehr über Einsamkeit reden

Die Gesundheitspolitik hat noch nie so viel Aufmerksamkeit und so viel Gewicht gehabt, wie im letzten Jahr und die Bekämpfung der Pandemie ist ungebrochen tagtäglich in den Nachrichten. Es ist gesellschaftlicher Konsens, dass es persönlicher Einschränkungen bedarf, um die Pandemie zu bekämpfen, und ich werde auch nicht müde, weiterhin dafür zu werben, gemeinsam dieses Virus einzudämmen. Dennoch möchte ich den Blick auf ein Thema richten, das leider viel zu sehr tabuisiert wird: Die Einsamkeit.

Viele Menschen leiden unter Einsamkeit oder sozialer Isolation und dies hat weitreichende Folgen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gesundheitswesen. Die Corona-Pandemie bedeutet für viele Menschen noch mehr Einsamkeit. Kontakte zu Familie und Freunden sind eingeschränkt, aber auch das mobile Arbeiten trägt, bei all seinen positiven Seiten, zur Vereinsamung bei.

Unser Menschenbild als Christdemokraten beschreibt einen nach Freiheit strebenden geistig-moralischen Menschen, der nicht vereinzelt, sondern in einer Gemeinschaft lebt und Verantwortung für sich und andere übernimmt. Eine freiheitliche Gesellschaft lebt von Gemeinschaft und Demokratie, sie braucht Austausch und Interaktion. Isolation hingegen fördert Radikalisierung und gesellschaftliche Spaltung. Daher haben wir uns in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgenommen, das Thema verstärkt in den Blick zu nehmen und Konzepte zu entwickeln, Einsamkeit in allen Altersgruppen vorzubeugen und zu bekämpfen. Einsamkeit soll ihr Stigma verlieren und in allen gesellschaftlichen Bereichen soll die Prävention mehr Aufmerksamkeit erhalten. Einsamkeit kann auf allen politischen Ebenen bekämpft werden. Auf kommunaler Ebene zum Beispiel durch die Stärkung der Engagement-Förderung, die Förderung von seniorengerechten Stadtquartieren, den Ausbau von (barrierefreier) Mobilität und die Einbeziehung des Themas in die Stadtentwicklung.

Auf Bundesebene plant die Unionsfraktion unter anderem:

  • Stärkung der Freiwilligendienste und gute Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement
  • Etablierung trägerübergreifender Strukturen zur Verbesserung der Einkommens- und Lebenssituation älterer Beschäftigter beim Übergang in die nachberufliche Phase und der Stärkung der sozialen Teilhabe älterer Menschen
  • Nutzung der rechtlichen Möglichkeit für Ärzte, Kontaktdaten einsamer Menschen weiterzugeben, die ohne medizinischen Grund die Sprechstunde besuchen oder einen Notruf wählen, sofern sie damit einverstanden sind
  • Bestellung einer/eines Einsamkeitsbeauftragten bei der Bundesregierung
  • Ein nationaler Aktionsplan Einsamkeit für Deutschland
  • Stärkere Institutionalisierung der Forschung und Entwicklung von Strategien gegen Einsamkeit
  • Eine bundesweite Kampagne, die Bewusstsein schafft und das Tabu, über Einsamkeit zu sprechen, brechen soll
  • Erforschung der Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie

Auch Kirchengemeinden, Parteien, Vereine, Freundes- und Familienkreise sind gefragt, in Ihrem Umfeld aktiv zu sein und sich zu kümmern. Und auch wir als Aachener CDU können dazu beitragen, Menschen das Gefühl zu geben, Teil eines sinnstiftenden Ganzen zu sein.

In seiner „Besonderen Andacht in der Zeit der Epidemie“ schreibt Papst Franziskus: „Uns wurde klar, dass wir alle im selben Boot sitzen, […] denn alle sind wir dazu aufgerufen, gemeinsam zu rudern, alle müssen wir uns gegenseitig beistehen. […] So haben auch wir erkannt, dass wir nicht jeder für sich, sondern nur gemeinsam vorankommen.“

Dieser Artikel erscheint auch in der CDU-Kompakt, der Mitgliederzeitschrift der CDU-Aachen. Autor ist Rudolf Henke, MdB, weitere Informationen über ihn finden Sie hier.